(Buch: Talent und Methode von G. Vizioli)

DER PRESSESPRECHER BETREIBT JOURNALISMUS

(aus „Talent und Methode: Die Kunst der Kommunikation” von Giorgio Vizioli, Verlag Delfino, Mailand, 2025)

Das Pressebüro

Für einen Pressesprecher gilt als erste Regel, die man niemals vergessen darf, dass die Arbeit in einer Pressestelle eine von vielen Möglichkeiten ist, als Journalist tätig zu sein. Es gibt nämlich viele Arten von Journalisten: nicht nur diejenigen, die für Printmedien und digitale Zeitungen arbeiten, sondern auch diejenigen, die für Radio und Fernsehen tätig sind, sowie Fotografen und Kameraleute, um nicht zu vergessen die Karikaturisten. Und die Journalisten in Pressestellen.

Was diese Kategorien voneinander unterscheidet, ist zweifellos die unterschiedliche Art und Weise, wie sie Nachrichten präsentieren und vermitteln. Was sie hingegen verbindet, sind grundlegende Werte wie Korrektheit, Ehrlichkeit, Respekt für die Arbeit ihrer

Gesprächspartner (die ebenfalls Journalisten sind) und die Aufmerksamkeit für die Endempfänger der Informationen.

Sicherlich ist der Pressesprecher parteiisch, da seine Rolle darin besteht, als Sprecher eines Unternehmens, einer Institution oder eines Verbandes zu fungieren. Aber nur wenn er sich selbst und seinen Auftraggebern stets die Grundregeln der Berufsethik vor Augen hält, kann er seine Arbeit gut machen und die besten Ergebnisse erzielen – in Bezug auf Sichtbarkeit und Reputation – auch und vor allem für die Organisation, für die er arbeitet.

Die wichtigste Eigenschaft eines Journalisten

Das Bewusstsein, Journalist zu sein, ist die wichtigste Eigenschaft eines guten Pressesprechers.
Allzu oft werden die Aufgaben einer Pressestelle mit Marketingaktivitäten verwechselt. Da das ultimative Ziel eines Unternehmens natürlich darin besteht, seine Produkte zu vermarkten, müssen auch die Aktivitäten im Bereich Media Relations auf dieses Ziel ausgerichtet sein. Auch wenn beide Wege zum gleichen Ziel führen, sind sie doch unterschiedlich. So sehr, dass die Funktion des Pressesprechers als eine der vielen Formen des Journalismus angesehen wird – und dies auch ist.

Der Leiter der Pressestelle muss sich nämlich an dieselben Grundsätze halten, die auch die Arbeit jedes Journalisten bestimmen: korrekte Informationen, Überprüfung von Daten und Nachrichten, sachliche Darstellung ohne übertriebene Empathie. Pressemitteilungen sind keine Werbeanzeigen.

Eine gute Kommunikation

Für eine gute Kommunikation mit der Presse ist eine vor allem journalistische Fähigkeit erforderlich: der Sinn für Nachrichten. Man muss in der Lage sein, aus dem Leben und der Tätigkeit einer Organisation die Elemente herauszufiltern, die tatsächlich eine interessante Nachricht darstellen, also den Rohstoff, auf dem die (gedruckten und digitalen) Medien basieren. Diese Fähigkeit erwirbt und verfeinert man durch Übung, das Lesen von Zeitungen und auch durch Studium.

Die Tätigkeit eines Pressesprechers ist daher eine Rolle, die wir funktional als vorjournalistisch bezeichnen können: Es gilt nämlich, den Medien Nachrichten anzubieten, die, wenn sie veröffentlicht werden, die Publikation bereichern und für die Leser interessant machen.

Nur so entsteht ein positiver – und korrekter – Kreislauf, in dem eine gut gemachte und daher mit interessanten Nachrichten gefüllte Zeitung, auch dank der Arbeit von Pressestellen, die ihre Aufgabe gut erfüllen, von den Lesern geschätzt wird, die gerne dafür bezahlen, sie zu lesen. Und folglich wird eine von den Lesern geschätzte Zeitung auch von Werbeagenturen als gutes Medium angesehen, die gerne auf ihren Seiten werben.

Um die Veröffentlichung von Pressemitteilungen und Nachrichten über unser Unternehmen zu erreichen, ist es daher unerlässlich, eine qualitativ hochwertige Kommunikation zu produzieren, die dazu beiträgt, einen guten Ruf sowohl bei den Medien als auch bei den Lesern aufzubauen. Mit der Zeit und durch gute Arbeit (beharrlich und intellektuell ehrlich) wird der Pressesprecher sehen, wie sich sein Ruf in professionelles Vertrauen seitens seiner Kollegen in den Redaktionen verwandelt, was ihm Zugang zu privilegierten Kanälen verschafft.

Es ist ein langer und nicht einfacher Weg, aber sicherlich der einzige, der Wert und Autorität verleiht. Die Alternative, die darin besteht, die Beziehung zu den Medien auf einer Ebene wirtschaftlicher Interessen aufzubauen, ist hingegen kurzlebig und führt nicht zu qualitativ hochwertigen Ergebnissen.

Das Aufkommen der neuen Medien hat an diesem Szenario nichts geändert: Die Professionalität und das Talent des Kommunikators, auch wenn sie mit anderen Mitteln zum Ausdruck kommen, und die Einhaltung der Berufsethik sind nach wie vor die einzigen erfolgreichen Waffen.

Giorgio Vizioli